Relaktation: Neubeginn nach vorzeitigem Ende

31.05.2018

veröffentlicht von: Andrea Böttcher,

Kinderkrankenschwester

Fachkraft für Stillförderung, Laktationsberaterin, Stillbeauftragte für die Klinik

Referentin für Stillen und Säuglingsnahrung

Relaktation bedeutet nichts anderes als das Wiederanregen der Milchproduktion und die erneute Gewöhnung des Babys an das Trinken an der Brust, nachdem vollständig oder auch nur teilweise abgestillt wurde. Ggf. wurde auch durch ein Zufüttern des Kindes mit der Flasche bzw. mit künstlicher Säuglingsnahrung die Muttermilchmenge soweit reduziert, dass die restliche Menge nicht mehr zur Ernährung des Babys ausreicht.

 

Eine Relaktation erfolgt immer in Anschluss an eine Schwangerschaft und Geburt. Das Stillen eines Adoptivkindes wäre in diesem fall keine Relaktation, sondern eine induzierte Laktation.

 

 

Die Gründe für eine Relaktation können vielfältig sein:

  • ungeplantes Abstillen
  • einseitiges Abstillen durch Mutter oder Kind
  • wiederaufkommender starker Stillwunsch
  • Baby verträgt die Flaschennahrung nicht
  • Baby gedeiht schlechter
  • der Aufwand für Abpumpen, Nahrungbereiten und Füttern wird als zu groß empfunden

 

Wer nach dem Abstillen wieder mit dem Stillen beginnen möchte, kann das jeder Zeit tun! Hier gibt es keine Einschränkungen! Aber: je länger die Phase des Nicht-Stillens war, desto schwieriger bzw. langwieriger gestaltet sich unter Umständen der Neubeginn.

 

Vor einem Neubeginn solltet Ihr Euch daher folgende Fragen stellen:

  • Warum hast Du abgestillt?
  • Wie lange ist das her?
  • Wie alt ist Dein Kind jetzt?
  • Warum möchtest Du wieder stillen?
  • Hast Du die nötige Zeit, Geduld und Unterstützung für einen Neustart?

Wenn Stillprobleme zu einem allmählichen Abstillen geführt haben, solltest Du Dich hierzu beraten lassen. Denn die eigentliche Ursachen, die das Anlegen bzw. die Milchbildung beeinträchtigt haben, sind ja nicht geklärt worden. Du hast nur eine andere Lösung im Umgang gefunden.

 

Faktor Zeit:

Generell kann man sagen: Pro Monat des Abstillens rechnet man eine Woche für die Relaktation plus eine zusätzliche Woche zur Steigerung der Milchbildung.

 

Du benötigst:

  • sehr viel Ruhe
  • Motivation
  • kontinuierliche, fachliche Begleitung
  • Durchhaltevermögen
  • Unterstützung durch Dein Umfeld

Das wichtigste dabei ist, einen praktikablen Plan zu erstellen, der Deine individuelle Situation berücksichtigt. Dabei ist eine realistische Einschätzung der Situation enorm wichtig. Eine realistische Situationseinschätzung vermeidet unrealistische Erwartungen aller Beteiligten und vermindert Überforderung, Frust und Enttäuschung.

 

Was Dir helfen kann ist:

  • häufige Stimulation der Brust (8-12mal in 24 Std.)
  • sowie eine vollständige Entleerung der Brust
  • Anregung des Milchspendereflexes
  • optimiertes Stillmanagement
  • Pumprituale
  • viel Entspannung, Ruhe und Schlaf
  • regelmäßige gesunde und ausgewogene Ernährung
  • Entspannungs- und Massagetechniken
  • milchmindernde Einflüsse meiden
  • Auch Akupunktur, Homöopathika oder Akupressur können helfen bzw. die Maßnahmen ergänzen. Wende Dich hier an eine dafür ausgebildete Person.
  • Freue Dich über jeden noch so kleinen Fortschritt!

 

Was Deinem Kind helfen kann:

  • täglich viel Haut-zu-Haut-Kontakt (Nacktkuscheln, Bonding Bad, Babymassage etc.)
  • viel Körperkontakt während des Tages
  • gemeinsames Schlafen während der Nacht
  • keine anderen Saugmöglichkeiten anbieten
  • künstliche Sauger ersetzen durch Becher, Löffel, Softcup
  • die Brust so oft wie möglich anbieten
  • auf geringste Hungerzeichen achten
  • an der Brust saugen zur Beruhigung, zum Einschlafen
  • Stillversuche sollten eine angenehme Erfahrung für Dein Baby sein und kein Stress! Auch wenn es nicht klappt, lass Dir Zeit und nicht den Mut verlieren. Ein anderes Mal wird es besser gehen.

 

Zufüttern:

  • am besten abgepumpte Muttermilch, sonst PRE Nahrung
  • An Menge soviel wie nötig, damit Dein Kind gut gedeiht, gut zunimmt und zufrieden ist. Wichtig ist auch eine gute Ausscheidung. Die Gewichtsentwicklung sollte dabei entlang der individuellen Gewichtskurve Deines Kindes sein.

 

Warum ist Stillberatung hier wichtig?

  • für einen realistischen Plan
  • Protokolle über das Stillen, Abpumpen und zufüttern erleichtern die Beurteilung der Situation
  • Gewichtskontrollen sind unerlässlich, anfangs alle 2-3 Tage! Damit Dein Kind nicht in eine Gedeihstörung rutscht.
  • Engmaschige Besuche oder Telefonate sind wichtig, um Schwierigkeiten schnell zu erkennen und zu beheben, auch um Deine Motivation aufrecht zu erhalten!

 

Wenn Du Dich für eine Relaktation entscheidest, solltest Du das also nicht unvorbereitet tun. Eine gute und individuelle Stillberatung kann Dich hier sinnvoll unterstützen, damit Dein Vorhaben auch gelingt.

 

                                          Liebe Grüße und bis bald,

                        

                                                                                               

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