Schnuller ???

19. Oktober 2018

veröffentlicht von: Andrea Böttcher,

Kinderkrankenschwester

Fachkraft für Stillförderung, Laktationsberaterin, Stillbeauftragte für die Klinik

Referentin für Stillen und Säuglingsnahrung

Beim Thema Schnuller scheiden sich die Geister. Die einen finden den Einsatz sinnvoll und nötig, damit der Daumen nicht zur Anwendung kommt, andere lehnen grundsätzlich alle Saugalternativen außer Brust oder Flaschensauger ab. Und für Dritte ist der Einsatz des Schnullers das normalste der Welt.

 

Aber was stimmt denn jetzt? Ist der Schnuller wirklich so toll? Oder ist sein Einsatz zu verteufeln? Schwarz oder weiss gibt es auch hier nicht. Genauso bunt und vielfältig wie das Stillen sein kann ist auch der Schnuller. Es gibt Situationen, da ist der Einsatz ungünstig vielleicht sogar schädlich, aber es gibt auch die Momente in denen der Einsatz hilfreich sein kann. Hier gilt es genau zu differenzieren. Fakt ist: die Industrie hat ein großes finanzielles Interesse daran zu verkaufen, dementsprechend werden die Werbekampagnen immer wieder neue Errungenschaften und Vorteile anpreisen. Ob das sinnvoll oder Blödsinn ist, muss jeder selbst entscheiden. Daher möchte ich hier einfach einmal einen kleinen Überblick vermitteln.

 

Aber fangen wir einmal am Anfang an.

 

Babys werden nicht umsonst Säuglinge genannt. Das Saugen, auch über die Nahrungsaufnahme hinaus, ist ein Grundbedürfnis von uns Menschen.  Saugen bietet die Möglichkeit Nahrung auf zu nehmen, Trost, wirkt schmerzlindernd , löst angenehme Gefühle und Wohlbefinden aus, hilft beim Einschlafen und aktiviert die Verdauung. Nicht umsonst lutschen und saugen Babys bereits im Mutterleib an ihren Fingern. Zudem trainiert das Saugen die Mund- und Zungenmuskulatur.

 

Kann ein Schnuller Vorteile haben?

  • Bei einem Einsatz bei Frühgeborenen kann ein Schnuller eine therapeutische Wirkung haben und der Einsatz sinnvoll sein. Beispielsweise wird die Verdauung verbessert, wenn ein Kind während einer Nahrungssondierung an etwas saugen kann.
  • Bei nicht gestillten Kindern kann der Schnuller einen schützenden Effekt vor SIDS haben, wenn er nicht zum Dauergebrauch, sondern nur zum Einschlafen genutzt wird.
  • Relativ sicher ist, dass ein gelegentlicher Einsatz in einer unproblematischen Stillzeit keine negativen Auswirkungen hat.

 

Und die Nachteile?

  • Hat sich eine Stillbeziehung noch nicht eingespielt, kann sich der Einsatz des Schnullers negativ auf das Saugmuster und die Milchbildung auswirken. Zudem gibt es Kinder, die nur sehr vage Hungerzeichen senden, einige nuckeln sich den Hunger durch den Schnuller weg.
  • Babys die einen Schnuller haben, saugen seltener non-nutritiv an der Brust. Auch dieses viel verschriene Nuckeln an der Brust wirkt sich positiv auf die Stimulation der Brust und damit auch auf die Milchbildung aus.
  • Besonders in den ersten Lebenswochen kann sich durch den Schnuller unter Umständen die Milchbildung nicht vollständig etablieren.
  • Bei bestehenden Stillproblemen kann der Einsatz des Schnullers die Probleme bzw. die Situation noch verstärken.
  • Es kann einen Zusammenhang geben zwischen dem Schnuller und dem Auftreten von Mittelohrentzündung.
  • Die Anwendung einer Saughilfe, wie dem Schnuller, noch im Kleinkindalter kann zu Fehlstellungen der Zähne und des Kiefers führen und sich zudem negativ auf die Sprachentwicklung auswirken. Zudem führt ein dauerhafter und langfristiger Einsatz zu einer Ausbildung der Mundatmung und damit unter anderem zu einer höheren Infektanfälligkeit.

Was unklar ist:

ob das Daumenlutschen oder der Schnuller eine "bessere" Wahl ist. Hier streiten sich die Wissenschaftler. Genauso unklar ist, ob der Einsatz des Schnullers zu einem früheren Abstillen und zu mehr Stillproblemen führt. Für alle Aussagen gibt es unterschiedliche Belege.

 

Folgende Empfehlungen haben sich daher  in den vergangenen Jahren etabliert:

  • Der Schnuller sollte erst dann eingeführt werden, wenn sich das Stillen gut eingespielt hat und die Milchbildung Ihr volles Niveau erreicht hat. Denn Stillen und Muttermilchernährung hat den weit aus höchsten protektiven Einfluss auf eine Vielzahl von Erkrankungen sowie SIDS.
  • Prinzip: So wenig wie möglich, soviel wie nötig.
  • Vor dem Schnuller sollten alle anderen Beruhigungsmaßnahmen ausgeschöpft sein: das Kind ist satt, möchte gerade nicht Ausscheiden, Tragen, Körperkontakt, Haut-auf-Haut Kontakt und eine Veränderung der Umgebung wurde genutzt, vielleicht ist es auch sinnvoll das eine andere Person das beruhigen versucht: Stress und Unruhe überträgt sich!
  • Stillkinder sollten an der Brust auch ihr Saugbedürfnis befriedigen können, auch wenn Sie gerade keinen Hunger haben.
  • Wenn ein Kind den Schnuller nicht möchte, darf man es auch nicht zwingen. Ein herausgefallener oder ausgespuckter Schnuller sollte niemals zurückgesteckt werden, wenn das Kind schläft.
  • Ein Schnuller kann eine Einschlafhilfe sein, ist aber kein muss.

 

Was ihr bei der Schnuller Auswahl beachten solltet, hat die Logopädin Mathilde Furtenbach gemeinsam mit der Innsbrucker Uni-Kinderklinik zusammengestellt. Den Link findet Ihr hier: Myofunktionelle Anforderungen an Beruhigungssauger

 

Generell solltet Ihr also genau überlegen

wann, warum und in welchem Ausmaß, welcher Schnuller sinnvoll ist - oder halt nicht.

 

                                                         

                                                     Liebe Grüße und bis bald,

                        

                                                                                               

 

Copyright © 2018 Andrea Böttcher