22. Oktober 2018
veröffentlicht von: Andrea Böttcher,
Kinderkrankenschwester
Fachkraft für Stillförderung, Laktationsberaterin, Stillbeauftragte für die Klinik
Referentin für Stillen und Säuglingsnahrung
Eine stillende Raucherin wird immer noch sehr kritisch beäugt, teilweise sogar angefeindet. Leider zu Unrecht - denn die offiziellen Empfehlungen besagen ganz klar: Die Vorteile der Muttermilch für das Kind überwiegen gegenüber den Nachteilen des Rauchens.
Jeder von uns weiss, dass Rauchen in jeder Form gesundheitsschädlich und mit Risiken verbunden ist. Das der elterliche Rauchkonsum negative Auswirkungen auf die Gesundheit und die Entwicklung von Babys und Kleinkindern hat, ist wissenschaftlich belegt. Im Idealfall hören beide Eltern bereits mit der Planung einer Schwangerschaft, bzw. spätestens mit dem Eintritt der Schwangerschaft auf zu rauchen, denn hier ist nicht nur die Frau in der Verantwortung.
Wenn ein vollständiges Einstellen des Rauchens aber nicht "möglich" ist, sollte es auf ein Minimum reduziert werden. Dabei ist immer zu bedenken, je stärker die Abhängigkeit von der Zigarette bzw. dem Tabak ist, desto schwerer ist der dauerhafte Entzug.
Warum sollte dann trotzdem gestillt werden?
Ganz einfach: aktives Rauchen in Schwangerschaft und Stillzeit, sowie Passivrauchen erhöht das Risiko für Atemwegserkrankungen und den plötzlichen Kindstod (SIDS). Auch das Risiko für Mittelohrentzündungen, allergischen Reaktionen und asthmatischen Erkrankungen steigt. Stillen und Muttermilchernährung wirkt schützend entgegen.
Ja, es ist korrekt das Nikotin sehr schnell in die Muttermilch übergeht und hier auch höhere Werte als im mütterlichen Blut erreichen kann. Ja, es ist auch richtig, das die Kinder auch noch andere Schadstoffe über die Muttermilch und auch direkt über die Atemwege, beim Passivrauchen aufnehmen.
Aber, worin liegen dann die Vorteile des Abstillens? Denn dann fallen alle schützenden Effekte der Muttermilch weg, aber die Risikofaktoren für das Kind bleiben erhalten, solange die Mutter bzw. die Eltern weiter rauchen. Pre-Nahrung bietet hier keinerlei Vorteile.
Allerdings muss auch gesagt sein, das Kinder von stark rauchenden Müttern vermehrt durch starke Unruhe, Koliken, Spucken und Erbrechen, sowie durch eine langsamere Gewichtsentwicklung auffällig werden. Zudem sind sie bereits bei Geburt oftmals kleiner als andere reife Neugeborene. Es ist aber nicht belegt, das es hier zu einem grundsätzlichen und anhaltenden Effekt kommt.
Rauchen kann aber auch die Ursache für zusätzliche Stillprobleme sein:
Denn der Basis-Prolaktin-Spiegel bei starken Raucherinnen ist niedriger. Das Prolaktin ist für die Milchbildung verantwortlich, somit wirkt sich ein Mangel dieses Hormons auch negativ auf die Milchbildung aus und auch der Milchspendereflex setzt bei Raucherinnen teilweise später ein.
Die offizielle Empfehlung der Nationalen Stillkommission am BfR und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin ist folgende:
Das grundsätzlich auch rauchende Frauen, aufgrund der gesundheitlichen Bedeutung stillen sollen.
Dabei ist eine kontinuierliche Reduktion des Tabakkonsums natürlich wünschenswert.
Die Nationale Stillkommission empfiehlt sechs Monate ausschließlich zu stillen und mit Einführung der Beikost die Stillzeit nicht zu beenden, sondern teilweise weiter zu stillen, solange Mutter und Kind es wünschen.
Folgende Empfehlungen sind für stillende Raucherinnen bzw. für "rauchende" Familien wichtig:
- Eine kontinuierliche Reduktion des Tabakkonsums ist immer sinnvoll und wichtig.
- Die Schwangerschaft ist eine gute Zeit für alle Familienmitglieder mit dem Rauchen aufzuhören.
- Je größer die Abhängigkeit war, desto schwieriger ist das Aufhören und rauchfrei bleiben. Je länger Ihr das schafft, umso besser für Euer Kind. Eltern sind Vorbilder, auch was das Rauchen angeht.
- Je länger die Pause zwischen Nikotin und Stillen ist, desto geringer ist die Schadstoffbelastung für das Kind. Das gilt auch für das Passivrauchen. Also wenn nötig längere Schlafphasen nutzen, und unmittelbar nach dem Stillen rauchen.
- Grundsätzlich gehören Babys nicht in ein Bett mit Rauchern!
- Niemals in Gegenwart des Kindes rauchen! Auch nicht in geschlossenen Räumen, die von Kindern mit genutzt werden - wenn Zigarette, dann draußen. Besonders erwähnen möchte ich hier die Nikotinbelastung im Innern eines Autos, wenn darin geraucht wird.
- Grundsätzlich nach dem rauchen Hände und Gesicht gründlich waschen. Auch der Wechsel der Kleidung ist sinnvoll, denn auch abgelagerter Tabakrauch ist giftig.
- Besonders wenn geraucht wird, ist das Stillen wichtig, um die Gesundheit des Kindes zu schützen.
weitere Infos der Nationalen Stillkommission gibt es auch hier: Stillen und Rauchen: Ratgeber für Mütter bzw. Eltern
Liebe Grüße und bis bald,
Copyright © 2018 Andrea Böttcher
Quelle:
https://www.bfr.bund.de/de/genussmittelkonsum_in_der_stillzeit-127250.html
https://www.bvkj.de/bvkj-news/pressemitteilungen/news/article/gesund-aufwachsen-in-rauchfreier-umgebung/
https://www.still-lexikon.de/genussmittel-in-der-stillzeit/