Die Vorteile des Stillen...

28.März 2019

veröffentlicht von: Andrea Böttcher,

Kinderkrankenschwester

Fachkraft für Stillförderung, Laktationsberaterin, Stillbeauftragte für die Klinik

Referentin für Stillen und Säuglingsnahrung

Schlafberaterin 1001 Kindernacht

Ich habe es eingangs ja schon gesagt: Stillen ist die physiologische Ernährungsform für ein Baby und dadurch die Norm, an der man Vor- bzw. Nachteile messen sollte. Stillen bringt in meinen Augen keine Vorteile, denn es ist normal, nicht Stillen bringt dagegen Nachteile für Mutter, Kind und die Umwelt.

 

Dabei möchte ich ganz deutlich sagen: es ist jeder Frau und Mutter selbst überlassen, ob sie Stillen oder nicht Stillen möchte. Es ist eine ganz individuelle und persönliche Entscheidung. und wirklich niemand hat das Recht einer Frau diese Entscheidung madig zu machen.

 

Wichtig ist aber das diese Entscheidung gut informiert getroffen wird, in einer Situation in der die Frau auch Informationen aufnehmen kann. Direkt um die Geburt herum der wohl ungünstigste Zeitpunkt, um mit Müttern bzw. Eltern über Stillen bzw. Abstillen zu sprechen. Jede Mutter weiss, das man zu diesem Zeitpunkt niemals in der Lage ist wichtige Informationen aufzunehmen.

 

Daher sollten bereits alle werdenden Eltern individuell beraten und unterstützt werden. Stillförderung bedeutet dabei nicht eine Mutter zum Stillen zu überreden, aber es ist wichtig das Eltern Wissen das wirklich zu jedem Zeitpunkt ein Abstillen und auch eine Relaktation möglich ist.

 

Und es gibt hier nicht einfach schwarz oder weiss - Stillen oder Abstillen!

 

Die Welt ist bunt und Stillen kann genauso bunt sein!

Ja, Stillen ist die physiologische Ernährungsform für ein Baby und ja, nicht Stillen hat Nachteile. Welche das sind möchte ich Euch hier gerne erläutern. ich möchte dabei eigentlich weniger von Vor- und Nachteilen sprechen, sondern eher von Effekten.

Effekte auf die stillende Mutter:

  • Unmittelbares Stillen nach Geburt führt zu einer besseren Rückbildung der Gebärmutter und verringert daher das Risiko einer postpartalen Blutung. Somit ist auch das Risiko einer Anämie, also einer Blutarmut geringer.
  • Der frühe direkte Hautkontakt zwischen Mutter und Kind, auch durch das Stillen fördert die Bindung und wirkt sich sehr positiv auf die Milchbildung aus.
  • stillende Frauen reduzieren Ihr Brustkrebsrisiko um 22%, das Stillen länger als 12 Monate sogar um 26%
  • Stillende Frauen reduzieren Ihr Risiko für Eierstockkrebs um bis zu 30%.
  • Das Risiko einen Diabetes Typ 2 zu entwickeln sinkt, mit jedem einzelnen Jahr im Leben
  • einer Frau, in dem gestillt wurde.

 

  • Mütter die gar nicht oder weniger als 6 Monate Vollgestillt haben, haben ein bis zu 30% höheres Risiko für Bluthochdruck
  • Das Risiko für koronare Herzerkrankungen, ist für Frauen die zwei Jahre in Ihrem Leben gestillt haben, bereits um 23% geringer.
  • Stillende Mütter haben ein geringeres Risiko eine Depression zu entwickeln und auch depressive Mütter profitieren von einem Stillen.
  • Stillende Mütter reagieren "sensibler und schneller" auf die Signale des Kindes.

Effekte des Stillens auf das Kind:

  • Jedes Stillen reduziert das Risiko am Plötzlichen Kindstod zu versterben um bis zu 73%!
  • Das Risiko einer (NEC) lebensbedrohlichen entzündlichen Darmerkrankung (besonders bei Frühchen) sinkt um 58%.
  • Stillkinder erkranken 64% seltener an Durchfall und Erbrechen.
  • Stillen schützt vor Mittelohrentzündung: das Risiko sinkt um 46% bei ausschließlichem Stillen in den ersten 6 Lebensmonaten - der Schutz hält dabei bis zu 2 Jahre an.
  • Reduzierung von Zahn- und Kieferfehlstellungen von 68%.
  • Protektive Wirkung gegenüber Übergewicht und Adipositas bis ins Erwachsenenalter nachweisbar.
  • Gestillte Kinder haben als Erwachsene ein 35% niedrigeres Risiko an Diabetes Typ 2 zu erkranken.
  • Stillen senkt das Risiko für Leukämieerkrankungen im Kindesalter um 19%.
  • Stillen schützt das Kind war Atemwegserkrankungen. das Risiko eines Klinikaufenthaltes wegen eines Atemwegsinfektes sinkt bei Stillkindern um 70%.
  • Stillen hat einen gewissen schützenden Effekt gegenüber Asthma im Jugendalter.

 

Flipchart Grafiken: Claudia Braches, IBCLC , www.glücklich-stillen.de


Bildquelle: Andrea Hemmelmeyer, Stillen Basis fürs Leben, Oktober 2018;  www.stillecke.at/informationen

Graphische Umsetzung Zsuzsa Bauer, Dr. Phil, Dipl. Biol.

 


Stillen bzw. nicht Stillen hat aber nicht nur Effekte auf die Gesundheit von Mutter und Kind, sondern die Auswirkungen gehen noch viel weiter. Stillen wirkt sich positiv auf die Gesellschaft bzw. die Wirtschaft und die Umwelt aus.

  • Stillen schont natürliche Ressourcen
  • Mütter von Stillkindern fehlen viel seltener am Arbeitsplatz.
  • Nicht Stillen kosten pro Monat zwischen 80-100Euro, je nach Alter und Appetit des Kindes.
  • Aufgrund der gesundheitlichen Auswirkungen des Stillens auf Mutter und Kind, wird das Gesundheitssystem deutlich weniger belastet.
  • Nicht Stillen  verursacht deutlich mehr Treibhausgas und Müll, durch Herstellung, Transport und Verpackung von Nahrung, Flaschen, Saugern und Co.

Hat Stillen auch Nachteile?

je nach dem wie man das sieht, ja! Denn Stillen kann eine Mutter schon sehr einschränken. Das Kind muss immer bei der Mutter sein, um gestillt werden zu können, bzw. müssen dann andere Lösungswege her und bunt Stillen entsteht.

 

Einen sehr großen Nachteil hat Stillen allerdings auch für unsere Wirtschaft, vermutlich ist deshalb auch die Lobby der Säuglingsnahrungsindustrie in Deutschland so stark und Stillförderung eher ein Fremdwort als eine Tatsache. hierzu möchte ich direkt den Ausschnitt  von Dr. Z. Bauer aus Ihrem Artikel im Stilllexikon.de zitieren:

 

"Für die Industrie hat Stillen ebenfalls Nachteile. Für jedes Kind, das keine industrielle Säuglingsmilch benötigt, muss die Säuglingsnahrungsindustrie auf >1000 € verzichten. Bei 700.000 Geburten im Jahr würde die Industrie in Deutschland über 700 Millionen € Umsatz einbüßen, wenn alle Kinder gestillt werden könnten. Dadurch würden Zehntausende Arbeitsplätze gefährdet und dem Staat würden mehrere Millionen € Umsatzsteuer entgehen. Das ist vielleicht ein Grund dafür, warum Stillförderung in Deutschland nur ein Lippenbekenntnis ist."

 

Dazu sei gesagt das auch Vertreterbesuche der großen Konzerne in Kliniken und Kinderarztpraxen Gang und gäbe sind.

Nachteile der Flaschennahrung:

Über die Nachteile der Flaschennahrung wird meist gar nicht erst gesprochen. Natürlich ist Pre Nahrung die einzig geeignete Nahrung für Säuglinge, die nicht gestillt werden können, warum auch immer. Aber die Inhaltsstoffe sind nicht mit den Inhaltstoffe der Muttermilch zu vergleichen. Viele Zusammenhänge der Stoffe der Muttermilch sind noch nicht entschlüsselt und können nicht "kopiert" werden.

 

Pre Nahrung wird auf Kuhmilchbasis hergestellt Alle wichtigen menschlichen Wachstumsfaktoren, Immunstoffe, Hormone und Enzyme können der künstlichen Säuglingsnahrung nicht zugesetzt werden und fehlen somit.

 

Hinzu kommen Fehler in der Zubereitung und der Dosierung, mangelnde Hygiene bei der Zubereitung und/ oder der Aufbewahrung des Pulvers bzw. im Umgang mit der zubereiteten Nahrung. Oder auch Probleme mit verunreinigtem Wasser oder Milchpulver, die zusätzliche Risiken bergen. Natürlich sind solche Fälle selten, aber das Risiko ist deutlich höher als für gestillte Kinder.

 

Daher ist es wichtig das Eltern auch hierzu Informationen erhalten. Nicht um eine Entscheidung nicht zu Stillen "schlecht" zu machen, sondern um vollständig zu informieren und Fehler zu vermeiden bzw. vermeidbare Risiken zu vermindern.

 

weiterführende Quellen:

Andrea Hemmelmeyer, Stillen - Basis für das Leben Link zum Volltext

Dr. Z. Bauer – Publikationen in der Stillförderung. 2003-2019. Link zum Volltext

                                          Liebe Grüße und bis bald,

                        

                                                                                               

 

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